Zum Inhalt springen

Josef Reiter :
Orangerie Sounding - über die Allmähliche Verfertigung der Gebäude beim Hören V

Zurück
Beendet
Schloßhof, 2011

Information

Bei Josef Reiters Arbeiten ist die Beziehung zum Umraum in konstruktivem Vordergrund. Das genaue Erkunden eines Raumes mit Hilfe weniger Klänge ist dabei immer zugleich auch ein Hinterfragen der Wirklichkeit. Dieses Feld von Wahrnehmen und Erkunden, Inbesitznehmen und gleichzeitig Infragestellen, Bewusstmachen, oder Verfremden ist eine Qualität seiner präzisen Klangskulpturen und Klanginstallationen.

Die 36 m lange und 7 m hohe wie breite Orangerie von Johann Lucas von Hildebrandt mit der leicht schräg gestellten, größten bleiverglasten Glasfassade in Europa lässt die Verschränkung von geschlossenem und offenem Raum in den Paradiesgarten und zum Himmel als "Ekstase der Endlosigkeit" erleben. Die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Raumkonzepten dem "symbolischen Raum" (dem "Geist" und der Geschichte des Raumes), dem "mathematisch-geometrischen Raum" (den Raumproportionen, darstellbar durch die Raummaße Höhe, Breite und Länge) und dem "physikalisch-akustischen Raum" findet sich transformiert in Orangerie Sounding wieder, wobei die akustische Analyse, "der akustische fingerprint" der Orangerie, Grundlage und Ausgangspunkt der Klanginstallation ist. Im Studio und vor Ort aufgenommene Samples von Viola da Gamba, Theorbe, Glasharmonika und Kontrabassblockflöte wurden gefiltert und auf den Raum gestimmt, wobei das Klangmaterial und die Dynamik struktural und nicht symbolisch verwendet wurden. Durch lang erklingende Frequenzbänder und kurze impulsartige Klänge wird der Raum als Instrument zum Klingen gebracht. Die Dauern der einzelnen Spuren sind so berechnet, dass ein sich ständig änderndes, nie wiederholendes Klangkontinuum entsteht. Die genau positionierten Lautsprecher finden zum Teil in der ehemals technisch revolutionären Warmluftheizung der Orangerie Platz. An der Wahrnehmungsgrenze balancierend stellt sich Orangerie Sounding eher als Präsenz im Raum denn als musikalische Manifestation dar. Bei der Begehung des Installationsraumes verschmelzen Aug- und Ohreindruck zu einem differenzierten Ganzen, abstrakte (Denk-) Räume spiegeln sich im konkreten realen Raum.
(Martina Zadrazil)